Ich habe heute eine Einladung zu einer Podiumsdiskussion bekommen, deren Inhalt mich schmunzeln lässt. Auszug:
Spätestens als unsere Politgranden im Zuge der ATV Wahlarena von Internetusern per Video gebeten wurden, „eine positive Eigenschaft“ Ihrer Gegenkandidaten zu nennen war klar dass dies kein Wahlkampf wie wir ihn bisher kannten war.
Das Internet hat den Wählern Stimme gegeben und das Wahlverhalten stark beeinflusst.
Das Wahlverhalten stark beeinflusst? Hab ich was verpasst? Hier mal 4 Aktionen die mir in Erinnerung geblieben sind:
- Max Kosatz‘ geniale Wahlplakate ’08 Plattform, auf der er zum Crowdsourcing für Wahlplakate aufrief,
- Christoph Chorherrs Wahlplakate-Crowdsourcing Aktion,
- Ein Blogpost von Helge mit dem Titel „HC Strache stiehlt Obama die Website“
- ein gefaktes Wilhelm Molterer Profil auf Twitter, mit dem „Twitterianer“ monatelang an der Nase herumgeführt wurden. Fast unvermeidlich dass der Schwindel am Wahlabend auffiel, als der falsche Molterer eifrig twitterte, während der echte in Wien live vor Fernsehkameras stand. (Dass – was ich als noch schlimmer und Zeichen des Eingeständnisses einen miserablen Internetwahlkampf geführt zu haben erachte – der „falsche“ Molterer sich Tage darauf mit zynischen Bemerkungen bei Twitter Usern „bedankte“ sei hier mal außen vor gelassen.)
Hätte das Internet den Wahlkampf „stark“ beeinflusst, wären dann wirklich das BZÖ und die FPÖ als Parteien mit den stärksten Stimmen-Zugewinen hervorgegangen? Was waren die grenzgenialen, alles entscheidenden Internet-Kampagnen der beiden Parteien?
Vom Stellenwert den das Internet im amerikanischen Wahlkampf hat, sind wir in Österreich realistisch gesehen nun mal Lichtjahre entfernt – egal ob manche das bedauern oder aus Dank die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Und auch österreichische Blogger erreichen mit Ihren Posts eine zu kleine Gruppe, als dass dies gar „stark wahlentscheidend“ sein könnte.
Dass Werbeagenturen 2008 zum ersten Mal (nervige?) Werbebanner auch auf Social Networks wie Facebook geschalten haben, hat für mich nichts mit Beeinflussung der Wählerin durch „Internetwerbung“ zu tun, auch wenn das der IAB (Verein zur Förderung der Online Werbung – was es in Wien Österreich nicht so alles gibt) anders sehen will.
Wer sich die Diskussion am 20. Oktober 2008 um 19:00 im Hotel de Fance in Wien trotzdem anhören will sollte beim IAB um Einlass ansuchen. TeilnehmerInnen:
Niko Alm (Werbung Grüne), Christoph Chorherr (Grüne), Clemens Holzhuber (Werbung LIF), Manfred Lamplmaier (SPÖ), Alexandra Nussbaumer (ÖVP) und Dieter Zirnig (neuwal.at). Moderation: Martin Staudinger (GF Medienwirtschaft Verlag)
(Übrigens eine Runde der m.E. einige TeilnehmerInnen fehlen, und weshalb ich mir für die Veranstaltung auch keine Zeit nehmen will. Es fehlen (auch wenn sie keine IAB Mitglieder sind!) Namen von Fachexperten, die anders als so mancher „Online Werber“, die Kultur der „Generation Web2.0“ verstanden haben ebenso, wie Vertreter aus der Wissenschaft.
Über Berichte (egal in welcher Form) von TeilnehmerInnen an der Diskussion freue ich mich. Fast noch mehr über kritische Kommentare hier im Blog falls jemand den Sachverhalt anders sieht, oder ich nur die Bedeutung des Internet im Wahlkampf ’08 nicht mitbekommen haben sollte.
Update siehe Kommentar von Helge…