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Die Beispiele der vorangegangen Beiträge (hier und hier) klingen zu einfach? Sie sind auch einfach, ihr einziges ‚Geheimnis‘ liegt daran, dass sie umgesetzt wurden.
Eines aber gleich vorab: Ich schreibe diesen Beitrag in erster Linie für Touristiker, die gerne über die Potenziale vieler noch wenig genützter Marktchancen nachdenken, und nicht vorrangig für Web2.0 Freaks.
Tourismus und Gastronomie…
… zählen gerade in meiner Heimat zu den wirtschaftlichen Standbeinen einer ganzen Region. Ich freue mich auf den Tag, an dem verschiedenste Organisationen Menschen und Unternehmen dabei unterstützen, in Blogs Geschichten zu erzählen, Hotelbetriebe ihre Gäste motivieren Bewertungsplattformen zu nutzen, in eigenen Blogs oder ’social networks‘ über authentische Erfahrungen zu berichten, und man sich bei Gästen, die Fotos und Videos ins Netz stellen um sie mit der ganzen Welt zu teilen, bedankt.
Warum und wozu?
Weil all das neue Zugangspunkte zur eigenen Homepage, jener des Ortes, der Region, des Landes öffnet. Weil Long Tail Denken Handeln eine sinnvolle Ergänzung, und kein Ersatz, zu bestehenden Werbeaktivitäten ist. Und weil 1000 Blogs zig-tausendfach gelesen, zitiert und kommentiert werden.
You can blow out a candle, but you can’t blow out a fire
Once the flame beginns to catch, the wind will blow it higher
(Peter Gabriel)
Mundpropaganda und persönliche Erfahrungen…
… stehen über jeder noch so stark geredeten Marke. Martin Schobert schrieb dieser Tage im Kulinarisch Reisen Blog der Österreich Werbung (selbst)bewusst provokant:
[…] auch Blogger haben das Ganze erwartungsgemäß aufgegriffen. Doch schließlich kann man Negativ-Werbung auch positiv sehen. Ist ja immerhin auch eine Werbung.
(Wer nicht genau weiß worum es hier geht, schaut am besten selbst im Blog Österreichs höchster Werber vorbei, denn die kommen immer besser in Schwung.)
Mundpropaganda-Ängste…
… sind normal. Mundpropaganda kann ich zwar irgendwie auslösen, später aber kaum beeinflussen. Wenn, dann am ehesten mit außergewöhnlichen Produkten und Leistungen die begeistern. Was wir Menschen nicht oder nur eingeschränkt kontrollieren können, hat uns seit jeher Angst gemacht – das liegt in der Natur der Sache.
Dialogmarketing und virale Effekte…
… sind noch zu wenig erprobte Felder. Das bestätigt ein Blick in Bibliotheken, wo das Thema im Vergleich zu klassischen Marketingsätzen noch immer unterrepräsentiert ist. Marketer und Werber haben nach Jahrzehnten der Marktschreierei noch zu wenig Erfahrung im Umgang mit Gesprächen. Mailings, Werbe-DVDs und interaktive Kataloge sind noch längst kein Dialog – auch wenn sie sich hervorragend für Pressemitteilungen und Selbstbeweihräucherungen eignen.
Stefan Niemeyer, Marketingleiter vom Romantikhotel Schloss Rheinfels, einem der wenigen Hotels mit eigenem Blog, schreibt in einem Kommentar:
Es schlummert immer noch in der deutschen Gastronomie und Hotellerie, wenn es um die Individualität, Transparenz und Ehrlichkeit im Netz geht.
„Ich will nur Zimmer verkaufen“,
„Jeder kann Kommentare schreiben und mich bewerten?“,
„Den Gast interessieren nur Preise, Fotos und Anfahrt.“… – sind dann wohl die regelmäßigen Ängste und Befürchtungen. Ein Paradoxon für sich. Keine Branche kann besser Geschichten erzählen, direkten Gastkontakt haben und Bindungen aufbauen. Keine Branche kann eigentlich Unsummen an Anzeigengeldern sparen und auf Kaltakquise nahezu verzichten, wenn es einfach kontinuierlich und ehrlich auf seinen bestehenden Gäste baut.
Das Internet ist und bleibt ’nur‘ ein Instrument. Es ist ein Baustein im Management von Kundenbeziehungen – aber einer, der zum Fundament des Gebildes gehört. Stefan weiter:
Das das Internet hierfür das größte Geschenk für die Gastro- und Hotelszene seit Erfindung der „Benutzte-handtücher-auf-den-Boden-schmeißen-Aufkleber“ ist, werden wohl manche nur schwer begreifen!
Wie einst Neros Daumen repräsentiert ‚das Netz‘, die neue Macht der Kunden, die darüber entscheiden, ob sie sich tödlich rächen und eine Marke schädigen wollen, oder deren Leben retten, indem sie über sie reden – und dabei mitgestalten. Robert Basic dazu:
Für die Statistiker unter uns: wenn ich an einem Tag +5.000 Menschen informieren kann, dass die Firma XYZ eindeutig und ziemlich heavy betrügt, wissen das durch simple Mundpropaganda-Effekte innerhalb 1 Monats sagen wir mal bestenfalls 1.125 Mio Menschen (5000*15*15). Schlimmstensfalls 5000 Menschen. 5000 oder 1.125.000? Was macht das schon, im Vergleich dazu, was ich vorher tun konnte.
Mit den neuen Spielregeln…
…müssen sich auch alle Betriebe des so stark vom Internet abhängigen Tourismus-Segments viel intensiver auseinandersetzen. Sich berieseln zu lassen und darauf zu warten, dass irgendwann irgendjemand erklärt ‚Am 1. März beginnt die Zukunft, und so bewältigt Ihr sie‘, reicht ebenso wenig aus, wie einzig und allein auf Suchmaschinenoptimierung, Google Ads oder eine sündhaft teure, mit Werbepreisen ausgezeichnete (und immer noch schwächer als so manches Blog frequentierte) Homepage zu setzen.
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Es gibt 3 Wege…
…wie Menschen mit Veränderungen umgehen. Ignoranten und Schläfer sind selber schuld. In Letargie zu verfallen und der ‚guten alten Zeit‘ nach zu trauern, in der Kunden machtlose Marionetten ohne eigene Stimmen waren, ist ebenso die Vorbestellung des eigenen Grabsteines.
Wer wirklich lösungsorientiert denkt und handelt…
…wird seine Chancen erkennen und nutzen. Eine davon liegt darin, seine Marke, seine Geschichten und seine Persönlichkeit auf (noch) unkonventionell erscheinende Art und Weise in die Welt hinauszutragen, und aktiver Teilnehmer an den Gesprächen zu werden, statt passiver Zuschauer. Wem das gelingt, wird am Ende zu den Glücklicheren gehören.