Dringendes ist ein guter Vorwand, dass wir uns von Wichtigem abhalten lassen, das wir stattdessen tun könnten.
Was, wenn wir gestern an Wichtigem gearbeitet hätten. Wären Diskussionen über die Krise der Branche dann heute dringend notwendig? Worüber würden wir heute diskutieren, wenn wir uns gestern um Wichtig gekümmert hätten?
Anrufe oder Mails zu beantworten kann dringend sein. Ist aber selten wichtig.
Lernen ist nicht dringend. Aber wichtig. Weil das Erlernte uns hilft, Dinge zu verändern – Schritt für Schritt.
Ungeziefer aus der Küche zu vertreiben ist dringend. Wichtig ist, etwas zu tun, damit es nicht wiederkommt.
Einem Feuer vorzubeugen ist wichtig. Ein Feuer zu löschen ist dringend. Und wird wieder wichtig, wenn wir dadurch einen Flächenbrand vermeiden.
Die Wüste aufzuhalten ist nicht dringend. Aber wichtig! – Damit unsere Urenkel Früchte von jenen Bäumen ernten werden, die wir heute pflanzen.
Für McDonald’s ist es dringend, den Shitstorm in den Griff zu bekommen. Wichtig wäre (einst) gewesen, die Gesundheit von Millionen von Menschen zu fördern – statt zu untermauern.
Eine Einladung von neuen Bekannten erachten wir als dringend, weil wir ihnen höchste Priorität zuordnen. Wichtig ist, dass wir wirklichen Freunden unsere Zeit schenken. Jenen, die immer für uns da sind. Ohne Kompromisse. Und nicht nur deshalb, weil wir gerade jetzt neu und interessant sind.
„Wir brauchen diesen Auftrag dringend!“ – Weil wir morgen Geld verdienen wollen, um irgendwann mehr Zeit für unsere Partner, Kinder und Familien zu haben.
Wichtig jedoch wäre, unsere Zeit zu allererst unseren Nächsten zu widmen! Weil sie andernfalls womöglich dann nicht mehr da sind, wenn wir damit fertig sind, Wichtiges für Dringendes zu opfern.
Monate oder Jahre später werden wir uns nicht mehr daran erinnern, was gestern dringend war. Aber wir werden darunter leiden, dass wir heute nicht erkannt haben, was tatsächlich wichtig ist. Weil wir ständig dringend mit wichtig verwechseln.
Dringend zwingt uns in die Defensive. In Stress. In Negativität. Wir fühlen uns nicht nur fremdbestimmt; dringend fremdregiert uns tatsächlich. Dringend heißt reagieren – statt agieren. Während wichtig immer einer langfristigen Mission folgt.
Manchmal (aber nur ganz selten) ist wichtig auch dringend.
Wichtig ist selten dringend.
Und dringend ebenso selten wichtig.