Skip to main content

the_rise_of_crowdsourcing.jpg

 

Mehr Crowdsourcing auf anders|denken
Angewandte Beispiele für Crowdsourcing durchstöbern »

Aus aktuellem Anlass und vielen Fragen die ich in den letzten Wochen zu dem Thema beantwortet habe, ein zusammenfassendes Brainstorming und eine kleine Linksammlung zu Crowdsourcing.

1. Was ist Crowdsourcing?
2. Für wen eignet sich Crowdsourcing?
3. Gibt es Regeln für Crowdsourcing?
4. Wie schaffe ich eine Social Community?
5. Wo findet man Beispiele?

1. Was ist Crowdsourcing?

Jeff Howe, Wired Magazine, gilt als Urvater [siehe Wired Magazine Juni 2006] des Begriffs Crowdsourcing und macht sich in seinem gleichnamigem Blog Gedanken darüber, warum sich das Kunstwort gerade im deutschsprachigen Raum wie ein Lauffeuer verbreitet. Spreken zie Deutsch?

Jochen Krisch hat im Exciting Commerce Blog schon eine Antwort gefunden:

Einen wirklichen Anlass scheint es nicht zu geben. Letztlich sind es einige Vorreiter, wie Burkhard Schneider (Best-Practice-Blog), Hannes Treichl (Anders-Denken-Blog) oder Matias Roskos (VisualBlog), die sich in das Thema (im positiven Sinne 😉 verbissen haben und nun kontinuierlich darüber berichten.

Es scheint sich gerade zu wiederholen, was Anfang letzten Jahres mit dem Thema Social Commerce passiert ist. Der Begriff wurde zwar von Steve Rubel in den USA geprägt. Doch die deutschen Blogs und Medien sprangen weitaus schneller darauf an. Und es hat lange gedauert, bis das Thema in den USA in Fahrt gekommen ist.

Danke, lieber Jochen, für das nette Kompliment! Das bringt es nämlich durchaus auf den Punkt, denn egal mit wem wir derzeit über Crowdsourcing sprechen: Jede Diskussion beginnt mit einer Grundlagendiskussion, was denn das nun eigentlich sei. Auch der Wissensökonom Robert Freund stellte sich diese Frage unlängst:

Warum allerdings ein neuer Begriff dafür kreiert werden muss, ist mir schleierhaft. Denn mit Open Innovation, Interaktive Wertschöpfung, Kollektive Intelligenz, Swarm Intelligence, usw. gibt es schon viele Ansätze. […] Dabei sind allerdings verschiedenen Rahmenbedingungen zu beachten, damit so ein Modell erfolgreich sein kann. Diese Rahmenbedingungen sind bei Open Innovation oder auch bei Interaktive Wertschöpfung herausgearbeitet worden. Bei crowdsourcing handelt es sich um einen Begriff, der nun noch mit Leben (Rahmenbedingungen, Abgrenzung zu anderen Konzepten usw.) gefüllt werden muss. Ansonsten bleibt es bei der Aufzählung von Möglichkeiten und Beispielen – das reicht nicht.

Frank Piller fasst o.a. Begrifflichkeiten als Interaktive Wertschöpfung zusammen, und der Definition ist nichts mehr hinzuzufügen:

Interaktive Wertschöpfung findet statt, wenn ein Unternehmen (oder eine andere Institution) eine Aufgabe, die bislang intern durch die Mitarbeiter erstellt wurde, an ein undefiniertes, großes Netzwerk von Kunden und Nutzern in Form eines offenen Aufrufs zur Mitwirkung vergibt.

Offener Aufruf heißt dabei, dass die zu lösende Aufgabe offen verkündet wird und die externen Problemlöser durch Selbstselektion entscheiden, ob sie mitwirken oder nicht. Die Erstellung dieser Aufgabe erfolgt dabei oft kollaborativ zwischen mehreren Nutzern, in anderen Fällen aber auch durch einen Akteur allein.

Die Aufgabe selbst kann sich dabei auf eine Innovation (Schaffung neuen Wissens), aber auch auf operative Aktivitäten (z.B. Mitwirkung beim Marketing oder bei der Konfiguration eines Produkts) beziehen.

In jedem Fall aber wandelt sich die vom Unternehmen dominierte Wertschöpfung durch die aktive Rolle der Kunden und Nutzer zu einer Co-Kreation der resultierenden Leistung. [via Markus Pöhlmanns Crowdwisdom.de]

2. Für wen eignet sich Crowdsourcing?

Wesentlich wichtiger als die schönen Worte ist im Praxis-Einsatz allerdings folgendes: Dass noch viel mehr Unternehmen die unausgeschöpften Marktchancen ergreifen, Kunden in Wertschöpfungsprozesse, von Entwicklung bis Marketing mit einzubeziehen.

crowdsourcing_power_of_the_crowd.jpg
Original picture by Josh – thanks for sharing

Crowdsourcing ist für mich weniger eine Frage von Definition und Abgrenzung. Das muss ich Wissenschaftlern und Theoretikern überlassen, denn meine Kunden bezahlen mich für umgesetzte Ergebnisse, nicht für Definitionen 🙂

Crowdsourcing ist eine Management-Einstellung und ein Bekenntnis zu kunden- und lösungsorientierten Produkten und Dienstleistungen: Crowdsourcing ist eine Möglichkeit die jedes Unternehmen, unabhängig seiner Größe, in seine Innovationsstrategie integrieren kann. Auch wenn der neumoderne Begriff im Zusammenhang mit neuen Nutzungsmöglichkeiten des Internets entstanden ist. Legt man ihn etwas freier aus, ist er vielleicht gar nicht mehr so neu, denn es geht grundsätzlich auch gänzlich ohne Internet, wie dieses (Alter Wein in neuen Schläuchen?) Beispiel zeigt:

Vor 2 Monaten moderierte ich für einen Freund (Besitzer eines kleinen Hotels) einen Workshop, zu dem er Gäste, Freunde, Lieferanten und einen Banker eingeladen hatte. Ziel war es, gemeinsam neue Ideen für eine Steigerung der Auslastung in schwachen Sommermonaten zu generieren und konkrete Schritte zur Umsetzung auszuarbeiten. Gegenleistung des Hoteliers: Jeder Teilnehmer erhielt einen Gutschein für einen Wochenendaufenthalt mitsamt Familie. Die Ergebnisse des 2tägigen Workshops sollen bereits im kommenden Sommer sichtbar sein – ein Bericht folgt, wenn es soweit ist.

Und weil es irgendwie passt, hier ein krass gegenteiliges Beispiel eines Unternehmens, das (noch) nicht ganz verstanden hat, worauf es bei der Einbindung von Kundengruppen ankommt:

Warum sollen wir unsere Kunden in die Entwicklung mit einbeziehen. Dazu haben wir ein eigenes Forschungslabor. Und auch für die Namensfindung brauchen wir niemanden, das erledigt unsere Werbeagentur.

Neugierig wurde der Manager in dem Moment, in dem er zu erkennen glaubte, dass Crowdsourcing v.a. Kostenvorteile bringt. Einziger Denkfehler dabei: Das werden auch irgendwann die Kunden durchschauen und dann ist es vorbei mit kostenlosen Ideen. Ohne authentische Kunden- und Nutzenorientierung funktioniert Crowdsourcing nicht. Matias Roskos stellt richtig fest :

Ich weiß “nur”, dass es bei uns auf VisualOrgasm ganz ganz wichtig ist, das wirklich alle Seiten beim Crowdsourcing etwas davon haben. Darum nennen wir das Crowdsourcing bei uns auch Communitysourcing. Um es ein wenig abzugrenzen. Und um zu zeigen: wir arbeiten mit einer Community. Und diese ist uns verdammt wichtig. Und wir haben die Pflicht und die Verantwortung sie absolut fair zu behandeln.

3. Gibt es Regeln für Crowdsourcing?

Jennifer Alsever hat sich Gedanken dazu gemacht, was erfolgreiches Crowdsourcing ausmacht und auf Basis erfolgreicher Beispiele folgende Checkliste erstellt.

Nur wer möglichst viele Fragen mit einem ehrlichen JA beantworten kann, wird auch Erfolge einfahren.

  • Does your company respect its customers?
  • Do you have a specific problem, goal, or task that your customers might conceivably help to address?
  • Are you really interested in hearing what outsiders have to say, even if the way they say it may seem snarky or harsh?
  • Are you willing to show outsiders how your business is run? Are you comfortable inviting them “backstage”?
  • Are you are willing to integrate a group of customers into the way you structure your business within your own walls?
  • Will you be able to make customers feel important and respond to their questions, concerns, and ideas?
  • Do you have the time and willingness to follow through on an outreach effort?

4. Wie schaffe ich eine Social Community?

Eine leidenschaftliche und begeisterte Fangruppe kann entscheidend für den Erfolg von Crowdsourcing Projekten sein.

Bruce Livingstone ist Gründer und CEO von iStockPhoto.com – einer Foto-Plattform die gerne mit den Begriffen User generated content und Crowdsourcing in Verbindung gebracht wird.

Im schon erwähnten Crowdsourcing Blog hat er vor kurzem seine Erfolgsgeheimnisse auf dem Weg zu einer schlagkräftigen Community verraten:

  • Leidenschaft steht an erster Stelle
  • Die virtuelle Community kann nur durch Vorteile in der realen Welt aufrecht erhalten werden
  • Die Community muss eine Lücke füllen und nicht einfach eine Kopie eines bereits bestehenden Angebots sein
  • Die richtigen Fragen stellen
  • Zuhören, auch wenn’s weh tut
  • Veränderung muss mit der richtigen Geschwindigkeit aus den richtigen Gründen erfolgen

(Danke an Volkmar Breindl für die Übersetzung des englischen Textes und die Ergänzung um persönliche Erfahrungen und Eindrücke! In Volkers Dealicious Blog gibt es zu jedem der Punkte eine ausführliche Beschreibung.)

5. Wo findet man Beispiele?

Die Zahl der Beispiele für erfolgreiches Crowdsourcing wächst täglich. Beispiele finden sich in diesem Blog, bei Burkhard Schneider, Markus Pöhlmann, Jochen Krisch, Matias Roskos, und vielen anderen.

In einigen Jahren wird wohl niemand mehr über Crowdsourcing philosophieren und Unternehmen (wie z.B. FIAT) andere belächeln, die sich erst später Gedanken darüber machen, wie sie mit ihren Kunden in einen neuen Dialog treten sollen.

Aber wie bei vielen anderen innovativen Ansätzen braucht es auch im Zusammenhang mit Crowdsourcing einige Pioniere und Erfolgsbeispiele, die die mühsame Kleinarbeit der Aufklärung in die Hand nehmen und dabei die Kuckucks-Nester für später aufspringende Me-Too-Berater bauen.

Weitere Beispiele Crowdsourcing hier klicken.

Fotos: Thanks to Shazz Mack and Inju

Hannes Treichl

Ahoi, ich bin Hannes und das ist mein Wohnzimmer. In diesem Blog findest du persönliche Gedanken, Geschichten und Inspirationen für Wirtschaft, Beruf und Leben – weil alles ohnehin untrennbar miteinander verbunden ist. ICH | BLOG | PODCASTS | RAUCHZEICHEN.LIVE